7. Allianz Autotag – Digitale Unfall­aufklärung – was weiß das Auto?

20. September 2019 – Pressemitteilung – Allianz Deutschland AG
Allianz fordert mehr Transparenz und einheitliche Standards zu im Auto gespeicherten Daten / Bei Unfällen mit Verletzten oder Straftaten müssen zur Aufklärung der Schuld­frage Fahrzeug­daten genutzt werden können / Sicherung der Ereignis­daten im Sekunden­bereich vor und nach dem Unfall reichen für eine Unfall­aufklärung aus / Eingriffe von Fahrer­assistenz­systemen müssen im Auto abgespeichert werden

Moderne Fahrzeuge speichern bei Unfällen eine Reihe von Ereignisdaten ab, die für die Unfallaufklärung zunehmend unabdingbar sind. Bereits seit der Einführung des Antiblockiersystems (ABS) sind sichtbare Spuren wie Brems-, Blockier- oder Driftspuren am Unfallort immer schwerer zu finden. Heute kann eine Vielzahl von modernen Assistenzsystemen vor einem Unfall aktiv sein und den Unfallablauf maßgeblich beeinflussen. Deshalb werden die Analyse und Aufklärung von Unfällen mit den herkömmlichen Methoden mit zunehmender Automatisierung von Funktionen immer schwieriger. Es muss in Zukunft für Halter, Versicherungen, Behörden und Sachverständige für die Unfallrekonstruktion transparent sein, welche digitalen Unfallspuren zur Aufklärung zur Verfügung stehen. Dazu gehört u.a. die Information darüber, in welchen Fahrzeugmodellen welche Daten aufgezeichnet werden und wie und ob diese auslesbar sind. Während in den USA ein Mindeststandard für die Datenaufzeichnung in den Fahrzeugen bereits seit 2006 existiert, fehlt in der EU bis heute eine entsprechende Regelung.

Experten der Allianz, der Automobilwirtschaft, der Wissenschaft und der Behörden beschäftigten sich auf dem 7. Allianz Autotag am 19. September 2019 in Ismaning mit der digitalen Unfallaufklärung bei modernen Fahrzeugen. Dazu gehören auch die künftigen Anforderungen an standardisierte Datenspeicher und der faire Zugang zu diesen Informationen. „Rechtssicherheit sowie Verbraucher- und Opferschutz können nur gewährleistet werden, wenn sich auch bei hochautomatisierten Fahrzeugen Hergang und Ursachen von Unfällen schnell und umfassend aufklären lassen“, sagte Joachim Müller, Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherungs-AG, auf der Veranstaltung. „Es muss künftig möglich sein zu klären, ob der Mensch oder das Auto den Unfall verursacht hat.“

 
Differen­zierung zwischen Unfällen mit Verletzten und ohne Verletzte
Bei der Unfallaufklärung muss auch das Interesse der Betroffenen am Schutz ihrer Daten berücksichtigt werden. Nicht jeder möchte akzeptieren, dass im Schadenfall sein eigenes Fahrzeug vor Gericht gegen ihn aussagt. Nach Ansicht der Allianz müssen Unfälle mit Verletzten oder Straftaten anders bewertet werden als Sachschäden. „Wenn ein Mensch verletzt oder getötet wurde, sollten alle im Fahrzeug nutzbaren Daten zur Aufklärung der Schuldfrage herangezogen werden können. Bei einem reinen Sachschaden sollte sich kein Beteiligter durch seine Daten aus dem Fahrzeug selbst belasten müssen“, sagte Müller.
Die wichtigsten Positionen der Allianz zur digitalen Unfall­aufklärung:
  • Die Allianz fordert mehr Transparenz zu den im Fahrzeug gespeicherten Fahrzeugdaten bei einem Verkehrsunfall. Die Fahrzeughalter müssen sich einfach und unkompliziert über die Daten informieren können, die in ihrem Auto gesichert werden.
  • Die Standards, die derzeit von der EU für künftige Unfalldatenspeicher und Fahrmodusspeicher entwickelt werden, müssen geeignet sein, Verkehrsunfälle mit modernen Fahrzeugen aufzuklären. Dafür reicht ein kurzes zeitliches Fenster von einigen Sekunden vor und nach dem Unfall aus.
  • Insbesondere müssen Eingriffe von Fahrerassistenzsystemen abgespeichert werden, sofern sie in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit einem Unfallereignis stehen. Dies ist erforderlich, weil Fahrerassistenzsysteme zunehmend Einfluss auf den Hergang von Unfällen nehmen.
  • Bei Sachschäden soll es der Entscheidung des Betroffenen obliegen, ob die Daten seines Fahrzeugs zur Unfallaufklärung genutzt werden. Sind Menschen verletzt oder getötet worden, oder handelt es sich um eine Straftat, überwiegt das öffentliche Interesse an der Aufklärung der Schuldfrage. Die Daten können in diesem Fall auch gegen den Willen des Betroffenen verwendet werden.
  • Die Allianz empfiehlt einen unabhängigen Treuhänder, dem künftig die zur Unfallaufklärung erforderlichen Daten bei hoch- und vollautomatisierten Fahrzeugen übertragen werden. Es soll kein Interessenträger einen ausschließlichen Zugang zu diesen Daten haben – weder einer der Unfallbeteiligten noch der Fahrzeughersteller oder Versicherer.
Kontakt
Christian Weishuber

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